Exkurs in Heimatkunde

Was ist Westfalen?

Westfalen, meine Heimat. Warum ich hier darüber schreibe? Weil ich mich hier richtig heimisch fühle, weil ich hier verwurzelt bin und weil am 9.4.03 ein netter Artikel in der Neuen Westfälischen über Westfalen im Allgemeinen stand.

Eine Umfrage der Stiftung Westfalen-Initiative besagt, dass die Bewohner der Region in erster Linie als gastlich, sympatisch und gepflegt gelten. Dabei sind die Westfalen eher zurückhaltend und betrachten sich als weniger weltoffen und fortschrittlich als es die Sichtweise der restlichen Bevölkerung ist, und immerhin kennen 90% aller Einwohner Westfalen. Dann wollen wir uns mal kritisch damit auseinander setzen:

- "Als erstes fällt Nicht-Westfalen zu der Region ein, dass sie grün und ländlich ist."
Jaha, dem kann ich umunwunden zustimmen, die Wahrscheinlichkeit bei gutem Wetter einen durchdringenden ländlichen Duft wahrnehmen zu können ist nahezu 100%, soviel Gegend haben wir drumherum.

- "Einzelne Städte wie Bielefeld, Dortmund und Münster stünden allerdings ebenfalls sinnbildlich für Westfalen"
Ich vermute, dass man wohl kaum grössere Gegensätze zusammensuchen konnte: Bielefeld, ein Moloch, in dem man nicht tot über dem Zaun hängen möchte, Dortmund, eine echte Ruhrgebietsstadt und Münster, wo es mehr Fahrräder als Einwohner gibt.

- "Auch Landwirtschaft, Pferdezucht und Fußball wurden mit Westfalen verbunden."
Mehr nicht? Gut, Landwirtschaft hatte ich oben schon abgehandelt, ebenso kann man durchaus unbedacht in einen Pferdeapfel treten, wenn man in bestimmten Gegenden spazieren geht und keinen Dreisprung beherrscht und Fußball ... ahem, dass ist für mich an dieser Stelle etwas schwer zu beurteilen, da ich zu den 0,01 % der deutschen Bevölkerung gehöre, die sich nicht, aber auch wirklich überhaupt nicht für 22 Leute interessieren, die, wenn sie den Ball endlich haben, ihn sofort wieder wegschiessen ...

- "Aussenstehende wie Einheimische lobten in der Umfrage die Wohnqualität und die Bildungseinrichtungen:"
Aha, ist es nicht aber so, dass das Eigenlob stinkt? Ich meine, gut, wir haben eine 115 qm grosse Wohnung in perfekter Lage, also zu Fuss 5 Minuten in die Altstadt hinein und ebensolche 5 Minuten mit dem Auto aus der Stadt komplett heraus und sie kostet auch sehr wenig Geld, aber gute Wohnqualität? WIr haben keine Stuckverzierungen an der Decke, der Holzfussboden ist preiswertes Laminat anstatt Echtholzparkett und die Zentralheizung ist auch schon 2 Jahre alt. Und Bildungseinrichtungen? Naja, die PISA-Studie hat auch hier zugeschlagen: Als ich noch zur Berufsschule ging, da hatten die guten Leute ca. 30 Rächtsschraip unt Tsaichensätsunksfehla pro DIN A 4 Seite ... muss ich die schlechten auch noch erwähnen?

- "Kritisiert werden unisono die mangelnden Berufsperspektiven und Parkplätze sowie das Wetter."
Berufsperspektiven? Da fällt mir zum einen die Geschichte mit den Bildungseinrichtungen und zum anderen der Spruch aus der alten Sparkassenwerbung ein:" Mein Haus, mein Auto, mein Boot, meine drei Pferde und meine drei Pferdepflegerinnen." Das steht doch in krassem Gegensatz zu dieser Aussage, oder?
a) "Mein Haus" - die Wohnqualität hatten wir schon
b) "Mein Auto" - also kann es auch mit den Parkplatzsorgen nicht soo weit her sein. OK, in den Städten wünscht man sich schon manchmal ein aufblasbares Vehikel, das man einfach statt zu parken in die Tasche stecken kann, aber bis es soweit ist, bezahlt man einfach fröhlich weiter mindestens 2 € pro Parkbucht / Stunde.
c) "Mein Boot" - Das macht zwar auf dem flachen Land eigentlich keinen Sinn, es sei denn, man ist in seiner Badewanne Kapitän, aber diejenigen, die in der Nähe der vielen Seen wohnen, können sich dann glücklich schätzen.
d) "Meine drei Pferde" - also ein Bezug auf die besagten Züchtereien mit ihren Äpfeln ...
e) "Meine drei Pferdepflegerinnen" - und damit wären wir wieder beim Parkplatzproblem.
Bleibt noch das Wetter: Man sollte das doch positiv sehen, denn wenn es regnet, dann braucht man den Garten nicht wässern, die Strassen werden sauber, obwohl sie in Westfalen wenig Zeit haben, wirklich dreckig zu sein, und wenn's mal wieder eine Überschwemmung gibt, dann sieht man lauter lustige Dinge auf den Flüssen treiben ...

Fazit:
Besuchen Sie Westfalen, lernen Sie Menschen in vielfältigen Schattierungen kennen und bringen Sie vorsichtshalber einen Regenschirm mit - man kann nie wissen.

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