Die grüne Legende

im zarten Alter von 12 Jahren

Wir schreiben das Jahr 1991. Dies ist der erste Teil der "grünen Legende".
Leider ist das Auto, von dem diese Geschichte handelt, mittlerweile tatsächlich eine Legende, da es im Herbst 1998 in die große Presse gewandert ist.

Aber beginnen wir am Anfang ...
Der kleine, wohlerzogene Junge stand also vor der Entscheidung, seinen Audi 80 ein weiteres Mal durch den TÜV zu bringen, oder ... Mittlerweile der geldverdienenden Bevölkerung zugehörig, begann er die einschlägigen Zeitungen auf ein adäquates Gefährt zu untersuchen, schließlich wollten im Zivildienst mehr als DM 800,- pro Monat ausgegeben werden.
Dabei las er irgendwann eine Anzeige, in der ein 81er Audi Coupe 5 S angeboten wurde. Freund eingepackt, nach Herford gefahren, angeschaut und mitgenommen ... schließlich sah es von außen ganz gut aus und hatte erst unglaubliche 110.000 km auf dem Tacho stehen ... und wer sowas glaubt, wird entweder selig oder beschissen ... aber dazu später mehr. Farbe: lhasa metallic

schon mit den Ronal-Felgen und schwarzem Leder Er nahm also seinen neuen Stolz mit nach Hause und stellte es seiner Freundin vor, die ihn mit den Worten "Du bist doch völlig bescheuert, wie willst du das unterhalten ..." ausschimpfte.
In den folgenden Monaten fand er bei seinen Recherchen heraus, dass:
  ... das Auto 1989 in einer Lippstädter Werkstatt gewesen und dort schon mit einer Laufleistung von über 190.000 km im Computer eingetragen war
  ... der letzte Vorbesitzer das Auto irgendwann auf's Dach gelegt und in einer Werkstatt fachmännisch reparieren lassen hatte
  ... geschweißte Auspuffrohre nicht wirklich lange halten
  ... Vergasermotoren vom Typ 5 S großer Mist sind
  ... Getriebe vom Typ 4+E aber noch viel schlimmer

Genug eigentlich, um ein solches Auto in die Ecke zu stellen und zu verkaufen, um dann etwas Vernünftiges zu fahren - einen Golf z. B.

NIEMALS !!!

Also, in die Hände gespuckt und los ging's ..

Und so begab es sich, dass er eines Nachts ein Reh überfuhr und die Versicherung daraufhin eine erkleckliches Sümmchen auf sein Konto überwies. Der eigentliche Schaden ließ sich mit ein paar Teilen vom Schrott wieder richten, und es blieb genug übrig, um damit den Auspuff zu erneuern und eine Lederausstattung anzufertigen. Dazu kamen noch ein gebrauchter Satz Ronal Speichenfelgen in der Größe 7 x 15 von einem Bekannten, ein gebrauchter Frontspoiler von Kamei und Tieferlegungsfedern von H&R. Einer der Vorbesitzer hatte die Innenausstattung inkl. Türverkleidungen auch schon beziehen lassen ... aber wie toll ist denn die Kombination von hellbraunem Breitkord-Stoff für die Sitz- und Lehnenflächen und dunkelbraunem Kunstleder für den Rest? Richtig, das sieht zum Kotzen aus !!!

Also fertigte er selber eine schwarze Teillederaustattung an, bei der die Seiten- und Rückenteile aus echtem Leder, die Sitz-, Lehnen- und Türflächen aber aus schwarzem Stoff mit einem eingewebten Muster waren. Dummerweise war der Stoff sehr dünn - er verblich recht schnell und begann an den wohlbekannten Stellen zu reissen. Deshalb ersetzte er die Stoffteile durch einen festen grünen Stoff, der bis heute weder Farbe noch Konsistenz verloren hat. Anfang 2003 verkaufte er die Innenausstattung nach Bayern - und dort fährt sie seines Wissens noch heute. Leder will gepflegt werden ...


Eines Tages wurde ihm ein komplettes Coupe mit 5S Motor und leichtem Frontalschaden für sagenhafte DM 100,- angeboten. Es stand seinem Besitzer im Weg und musste weg. Gekauft, auf einem Bauernhof untergestellt und geschlachtet. Alle sinnvollen Teile legte er weg, der Rest wanderte in die Presse (was will man auch mit einem Rechtslenker aus England). Bei den brauchbaren Teilen befand sich auch ein "echtes" Fünfgang-Getriebe, und da das 4+E sowieso defekt war (Synchronisation im 2. Gang, wie bei so vielen dieser Art), ließ er es einbauen und erfreute sich für kurze Zeit an einem endlich etwas sportlicheren Auto, denn wer jemals ein 5 S Coupe mit 4+E Getriebe gefahren hat, weiß, was der Begriff "träge" bedeutet ...

1997 auf dem Treffen in Osnabrück Aber es war noch immer eine Vergasermaschine, und zwar eine von der Sorte, die für ein paar Wochen vernünftig laufen und dann wieder Zicken machen. Und es war die Zeit, in der die Regierung beschloss, Autos ohne Katalysator furchtbar teuer zu machen.

Er hatte abermals großes Glück: Ein Kollege hatte ein verunfalltes Coupe geschlachtet und brauchte für sich nur die Ausstattung, nicht aber den Motor. Es war ein Reimport aus den USA, mit ca. 85.000 km Laufleistung und allem Zipp und Zapp, den man sich vorstellen kann. Sogar ein Seitenaufprallschutz war eingebaut.

schick ... Der Motor war eine 2,2 Liter Einspritzermaschine mit KE-Jetronic und geregeltem Kat, und er sollte alle für einen Umbau benötigten Teile dazu bekommen. Nach Rücksprache mit dem TÜV, auf welche Dinge zu achten sei, und nach einem Sponsoringgespräch mit seinem Papa, kaufte er den Rest und baute alles mit Hilfe seines Freundes Thomas in sein Coupe.
Eine Woche benötigten sie für ihr Vorhaben, um alles einzubauen und um die neue Elektrik mit alter Technik zu vereinen. Schließlich sollte nach außen, also auch im Cockpit, alles beim alten bleiben. Der TÜV gab seinen Segen, und so fuhr das wahrscheinlich erste 81er Coupe mit eingetragenem G-Kat auf Deutschlands Straßen. Als Krönung brachte Thomas aus Schweden eine Jetex 2,5 Zoll Auspuffanlage mit, die dem Motor nicht unbeträchtlich beim Ausatmen half - mit dem dazugehörigen Theater, aber das versteht sich wohl von selbst ... sogar mit ABE !!!


Alles hätte so schön sein können, wenn Väterchen Rost nicht wäre ...

Mittlerweile waren seit dem Erwerb des Coupés sieben Jahre ins Land gegangen und er hatte sich nie ernsthaft um Korrosionsschutz bemüht. Jedesmal, wenn er daran dachte, ging irgendetwas anderes kaputt und er verschob sein Vorhaben, die Karosse zu sanieren. Das war nicht wirklich klug, denn als er es endlich tun wollte, war es zu spät.

Das Alter von nunmehr 17 Jahren, eine geschätzte, aber nicht minder realistische Laufleistung von mehr als 340.000 km und diverse Unfälle hatten ihre Spuren hinterlassen. So zog sein Freund Thomas, der sich das Ganze mal ansehen sollte, sein gesamtes Gesicht in Falten und meinte: "Naja, das kann man wieder hinkriegen ... aber da bekommst du niemals wieder Grund rein. Wenn du hinten fertig bist, kannst du vorne wieder von Neuem anfangen ..."

Oder um es mit den Worten eines berühmten Mannes zu sagen:
"Man spricht dabei auch von Lochfraß ..."

So begab sich der Junge in sein stilles Kämmerlein und hub ein lautes Wehklagen an, dass es zum Steinerweichen war, und er beschloss, es nicht auf diese Weise enden zu lassen. Aber zunächst musste erstmal ein neues Auto her ...

... somit endet auch dieses Kapitel ... zumindest vorerst, denn ein Leben ohne Coupe konnte er sich nicht vorstellen. Also schlachtete er seinen treuen Weggefährten, riss ihm die Gedärme aus dem Leib und verwahrte diese gut, sie alle sollten ihm später noch von großem Nutzen sein ...