Exkurs in ostwestfälischen Eigenheiten
Was ist eine Pulle Chluck?
Bei uns zuhause, also im
Herzen Ostwestfalens, wo die Kühe noch glücklich sind und die Hühner
frei umherlaufen dürfen, gibt es eine nicht unbeträchtliche Anzahl
an landwirstchaftlichen Betrieben. Man sagt auch, dass wir viel Gegend drumherum
haben ...
Dieser urwüchsigen Gemeinde sind so einige, sehr eigene Umschreibungen
für die Dinge des Alltags zu verdanken. Dazu muss man allerdings die Wesensart
der Ostwestfalen verstehen:
Dickköpfigkeit und Starrhalsigkeit gehören zur Grundausstattung, Respekt
und Zurückhaltung gegenüber allem fremden ist normal, Sparsamkeit,
vorallem im lippischen Bereich, an der Tagesordnung. Daher rühren auch
die eingenartigsten Bezeichnungen:
So wird man nicht profan
ein "Dummkopf" gescholten, sondern als "Patnackel" bezeichnet,
man sagt nicht: "hör mal zu" sondern "hömma",
"imma" statt "immer" und im Grossen und Ganzen sind Ostwestfalen
am Ende eines Wortes Weltmeister im Buchstabenverschlucken, 'tschuldigung, verschluck'n.
Auch Fragen sind hier anders definiert als im übrigen deutschen Sprachgebrauch
- so fragt man nicht: "Woher kommst du?", sondern: "Wo kommst
du denn wech?"
Man beachte auch die Aussprache, dass in unseren Gefilden das "G"
gerne durch ein "CH" ersetzt wird, insbesondere am Ende eines Wortes
- andererseits kommt auch schon mal das Gegenteil vor, das also ein "G"
am Anfang eines Wortes durch ein gesprochenes "CH" ersetzt wird -
dieses wiederum ist eher die Ausnahme und wird im Regelfall auch nur von denen
angewandt, die noch vom Plattdeutschen beeinflusst sind.
Die Aufforderung "iet dich menn noch'n Köiksken" beinhaltet daher
die nachdrückliche Aufforderung, noch ein Stück Kuchen auf den Teller
und von dort in die Innereien zu schieben. Kommt man dieser aber nicht nach,
so wird ein allgemeines Unwohlsein gemutmasst: "Hömma, du kanns' doch
wohl noch eins, fälls' ja fast vom Fleisch"
Was nun aber bedeutet "wohl"? Wenn etwas gewünscht wird, dann
spielt das Wörtchen "wohl" eine nicht unbedeutende Rolle, z.B.
am Frühstückstisch sagt man nicht: "Reich' mir bitte die Marmelade!"
sondern man fragt folgendermassen: "Kann ich WOHL die Marmelade haben?"
Welche genaue Interpretation dieser Zusatz genau zulässt, ist nicht näher
zu ergründen, aber es hört sich doch sehr nett an, oder?
Apropos nett: Die Menschen
in Ostwestfalen sind überhaupt sehr nett, man muss lediglich durch die
Bedeutung ihrer Aussprüche durchfinden:
Es ist zum Beispiel ein grosses Lob, wenn über etwas gesagt wird: "Da
kannste nix zu sagen". Dieses Lob ist vom Superlativ sehr einfach dadurch
zu unterscheiden, dass die Steigerung so aussieht: "Da kannste ECHT nix
zu sagen". Dieses kann man dann als DAS höchste westfälische
Lob bezeichnen!!
Also wohl dem, zu
dem man ECHT nix sagen kann ...
Was also ist eine "Pulle
Chluck"?
Es ist die ebenso einfache wie charmante Umschreibung für eine Flasche
Korn, was zu den wohl üblichsten Getränken Ostwestfalens gehört.
Man kann auch ein "Gedeck" bestellen, was dann zusätzlich zum
Korn noch ein frisch gezapftes Pils beinhaltet.