3. Kapitel

Car-Hifi - Knalltraumageschädigte und mehr

Parallel zu der heimischen Ausstattung entwickelte ich nach und nach den Drang, auch den Klang in meinem Gefährt zu perfektionieren.
Um mich herum schossen immer neue, immer grössere Anlagen aus dem Boden, genauergesagt dröhnten mich immer mehr "fette" Anlagen aus den Autos meiner Freunde an. Meine Wenigkeit, wie gesagt, mit mörderischen finanziellen Mitteln dank meines Nebenjobs gesegnet, begann mit einem 5255 von Alpine, einem reinen Cassettendeck mit elektronischem Laufwerk und VU-Meter ... dazu einen Satz Lautsprecher im Format 6 x 9 Zoll, ebenfalls von Alpine.
Es folgte eine Erweiterung per Endstufe und dann der Austausch der Headunit durch ein 7385 R, Alpines erstes RDS-Radio - was man bei denen so RDS-Tuner nannte. Er glänzte nicht nur durch schlechten Empfang der Sendern, sondern auch durch die daraus resultierende, ewig dauernde Erkennung derselben, aber wer ein vernünftiges Cassettenlaufwerk sein eigen nennen will ...

Da das von hinten angebrüllt werden mich auf Dauer in keinster Weise zufriedenstellte, erwarb ich ein uraltes 5 ¼ Zoll Front-System Modell 6255 von ... natürlich Alpine. Ich hatte bereits zu diesem Zeitpunkt verschiedenstes von verschiedensten Marken gehört und war daraufhin der Meinung (und bin es auch heute noch), dass sich Alpine im Auto nur durch etwas anderes von Alpine ersetzen lässt; es ist doch zumindest sehr auffällig, dass ein überwiegender Teil der Car-Hifi-Spezialisten in ihren Sound-Off-Kisten im Regelfall als Steuergerät eines von dieser Marke einsetzt. Über ein 7525 R kam ich schliesslich zum heutigen 7618 R, verbunden mit einem 5257 S Wechsler und der genialsten Erfindung für Fahrzeuge: dem 3681.Letzteres ist ein sogenanntes "Time-Delay", d.h. eine frei konfigurierbare Drei-Wege-Weiche, bei der man jeden der zur Verfügung stehenden Kanäle einzeln zeitlich verzögern kann.

Stellt sich nun die Frage: Wofür braucht man das? Ganz einfach:Das Auto stellt in seiner typischen Anordnung der Lautsprecher eine Katastrophe im audiophilen Sinne dar. Man sitzt nicht, wie zuhause, zwischen den Lautsprechern, sondern näher an den linken als an den rechten, eher bei den vorderen als bei den hinteren Lautsprechern. Dieser Umstand führt akustisch gesehen dazu, dass man am meisten von vorne links und am wenigsten von hinten rechts mitbekommt.
Jetzt wird der eine oder andere sagen: " Das kenne ich nicht anders, warum Aufwand betreiben, das isso!"
MÖÖÖP - Falsch!! Denn das geht auch anders: Mit Hilfe dieses kleinen Kästchens kann man nun jeden einzelnen Lautsprecher in der Zeit verzögern, d.h. man kann elektronisch so tun, als setzte man ihn z.B. mechanisch weiter nach Links.

Im Falle "das isso" kommt der Schall schneller vom linken als vom rechten Lautsprecher an das Ohr, im Falle "das geht auch anders" kommt durch die künstliche Zeitverzögerung der Schall von beiden Lautsprechern gleichzeitig an - ergo: man sitzt nun doch "mittig" zwischen den Lautsprechern. Das Ganze funktioniert sogar so gut, dass man, so ein Subwoofer im Kofferaum eingesetzt wird, dieser dergestalt klingt, als sässe er unter dem vorderen Sitz. Dieser Effekt führt dazu, dass man nicht, wie sonst üblich, von den Kick-Panels vorne den Knall und millisekunden später, aber nichts destoweniger trotz sehr gut hörbar, von hinten des BOOOM des Subwoofers hört, sondern dass das Ganze schön wie aus einem Guss spielt.

Aber, nachdem ich nun auch diverse tausende von Marken in die Auto-Anlage investiert hatte, kam ich hierbei zu der Erkenntnis, dass es fast unmöglich ist, eine Anlage im Auto wirklich zum klingen zu bringen. Nicht, dass ich jetzt missverstanden werde, Bass kann jeder - aber ein richtiges Front-Staging mit der entsprechenden Bühne ist meines Erachtens nicht oder nur mit immensem Aufwand hinzubekommen. Allein die vielen Scheiben, die ungünstigen Einbauorte für die Chassis, die Resonanzfrequenzen des Autos, die Fahrgeräusche, und und und ... all das verhindert, das sich ein wirklich audiophiles Feeling im Auto breit macht!
Wie oft habe ich Stunden an der Konfiguration gesessen bis ich zu einem annehmbaren Ergebnis gekommen bin - dann fuhr ich los, und alles hörte sich anders an. Ich schreibe hier nicht von Pfeifkonzerten der Lichtmaschine oder von Klickern und Knattern der einstreuenden Relais, nein, die Geräuschkulisse eines fahrenden Autos macht vieles zunichte, was sich im stehenden Gefährt Klasse anhört.

Dieser widrigen Umstände zum Trotz, oder gerade deswegen, habe ich in mein "neues" Coupé all das hineingepflanzt, was mir in meinem Keller über den Weg lief und irgendwann einmal seinen Dienst in meinem alten Coupé verrichtet hatte. Das Ergebnis ist akzeptabel, vorallem, wenn man den geringen finaziellen Aufwand bedenkt, der durch, im Schnitt, 10 Jahre alte Komponenten verursacht wird ;-)