Die Geschichte beginnt, wie alle guten Geschichten, mit: Es war einmal...
... ein kleiner, wohlerzogener Junge, der zu Beginn der achtziger Jahre wieder einmal vor dem Fernseher saß und im höchsten Maße angespannt das Geschehen auf dem Bildschirm verfolgte. Er sah eine Auto-Ralley und zum ersten Mal in seinem Leben einen "Urquattro". Ihm entfuhr ein kurzes "Boooooooaaaar" und in seinem Geist blitzte die Idee auf, eines Tages ein solches Auto besitzen zu wollen. Michéle Mouton und Hannu Mikkola wurden zu seinen Weggefährten. der originale Ralley-Quattro von Hannu Mikkola, ausgestellt auf der IAA 1983
Er begab sich auf die Suche, sein erklärtes Traumziel, wenn schon nicht in echt, dann wenigstens als Modell zu erwerben und mit nach Hause zu nehmen. Selbstverständlich gewann immer ein "Urquattro" die imaginären Rennen, die sich fortan auf dem Teppich, auf Sofas, in der Küche, im Flur und sehr zum Missfallen seiner Erziehungsberechtigten auch natürlich im Wohnzimmer ereigneten.

Er wurde älter ...


Aber noch immer war er von dem gleichen Wunsch beseelt.
Mit Achtzehn kam der Führerschein, aber an ein eigenes Auto war zunächst gar nicht zu denken ... wie sollte das von statten gehen, als Schüler? Also nahm er sich einen Nebenjob und sorgte in einer Polsterei anfangs für Sauberkeit und Ordnung. Der Firmeninhaber erkannte das Talent, das in seinem neuen Teilzeitangestellten schlummerte, und er wies ihn in die fundamentalen Geheimnisse des Polsterns ein, was sich für den Jungen später als grosser Glücksfall herausstellen sollte ...
Endlich war es soweit und ein 1977er Audi 80 LS (Typ 82) betrat die Bühne. Der hatte zwar schon knapp 200.000 km gelaufen, verbrauchte aber keine nennenswerten Mengen an Öl und hatte noch fast zwei Jahre TÜV. ... das erste Auto ...
Halt!! Hatte er nicht von einem "Urquattro" geträumt??

Sehr witzig, er hatte gerade mal so viel Geld zusammen gespart, dass er mit einem einigermaßen guten Gewissen diesen alten Audi für sage und schreibe DM 500,- kaufen konnte. Wohlgemerkt: kaufen ... unterhalten war eine andere Sache ...

Die fortdauernde Geldknappheit sollte ihn aber nicht davon abhalten, seinen Audi von den anderen optisch abzuheben, schließlich fuhren zu der Zeit noch vier andere Jungs aus seiner Clique einen ebensolchen Audi 80. Da er schon damals ein Nachtwesen war und diese Einstellung mit einer Fledermaus im Ohr allen anderen kund tat, so verfiel er auf die Idee, auch für sein Auto müsse eine solche Zeichnung her. Was lag näher, als die schönste Zeichnung einer Fledermaus von einem Etikett einer Rum-Flasche vergrößern zu lassen und als Schablone zum Lackieren zu verwenden. Das Ergebnis war ebenso schön wie außergewöhnlich ...
Aber es mussten weitere Alleinstellungsmerkmale her: Alufelgen vom VW Scirocco I, der Frontspoiler von Kamei, ebenso der originale, zweigeteilte Heckspoiler (eigentlich mehr eine "Hecklippe", aber davon wollte er nichts hören)
Die Aussenfarbe in Silber war ja damals schon sehr schick, aber der Innenraum ???
Wer auch immer das gestaltet hat, derjenige hätte sicherlich auch nicht vor Kombinationen wie grün-lila oder tornadorot-himmelblau zurückgeschreckt ... Wie kann man im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte im Innenraum ein braunes Armaturenbrett, braune Türgriffe und Applikationen mit knallorangefarbenem Teppich und Sitzen kombinieren ???
Also bekniete er seine damalige Freundin (und jetzige Frau), sie möge sich seiner Augen erbarmen und ihm mit ihrem handwerklichen Geschick einen Satz Schonbezüge nähen - ganz so, wie sie seiner Vorstellung entsprächen. Dann kamen noch eine Fußraumbeleuchtung (unglaublich wichtig, damit man auch im Dunkeln noch die Pedalerie sieht!!) und die erste Alpine-CarHifi-Anlage ...
Irgendwann wurde er jedoch dieses Gefährtes überdrüssig und er beschloss, es zu verkaufen.
40.000 km hatte es ihn als guter Freund begleitet, war mit ihm und seiner Frau zur Ostsee, nach Bayern und überallhin gefahren, jedoch - der TÜV wollte einige entscheidende Reparaturen als vollbracht sehen, bevor es eine neue Absegnung geben sollte - aber da jeden Morgen ein Dummer aufsteht, den es nur noch zu finden gilt, verkaufte der Junge seinen Audi an einen schlechten Bekannten für ein ansehnliches Sümmchen.
Leider ereilte das Gefährt der baldige Tod, da der Nachbesitzer, trotz Ermahnung (eine alte Oma ist halt kein D-Zuch ...), unbedingt mit knapp 200 km/h über die Autobahn rasen musste, und der Motor sich dabei einen kapitalen Lagerschaden zuzog ...

... somit endet dieses Kapitel um den silbernen Audi 80 LS mit der Fledermaus auf der Motorhaube, der weit über die Dorfgrenzen bekannt war ...