Die grüne Ziege
Wir schreiben
das Jahr 1998.
Dies sind
die Abenteuer des kleinen Jungen, der mit seinem Freund und viel Hoffnung
zweieinhalb Jahre lang unterwegs war, sein Coupé zu restaurieren, neue Teile
zu beschaffen und fremde Zivilisationen zu erforschen.
Der geneigte Leser wird sich an das tragische Ende des ersten Coupés in den
Iden des Jahres 1998 erinnern (Kapitel 3 & 4). Ein Leben ohne Coupé aber
war für den kleinen Jungen nicht vorstellbar. Nach den Worten "Naja, das KANN
man wieder hinbekommen, MUSS aber nicht sein ..." zogen er und sein Freund
los, ein "neues" Coupé zu ergattern.
Hatte er nicht seit etlichen Wochen bei einem Händler in seinem Ort eines
gesehen?
Richtig, dort stand ein goldenes, so wie es in den Jahren '83 & '84 gebaut
worden war. So fuhren sie hin, einen Blick in das Innere des Wagens zu erhaschen,
da es als mögliche Basis für eine Restauration dienen sollte.
Der Verkäufer, offensichtlich eines jener subversiven Subjekte, denen man
für gewöhlnich nicht weiter trauen sollte, als man diese werfen
kann,
(da nirgends ein Firmenschild oder ähnliches aufzufinden ward), eilte herbei,
den beiden die unglaublichen Ausstattungsmerkmale anzupreisen:
"Grüne Wärmeschutzverglasung mit Grünkeil, beigefarbene Lederausstattung,
Zusatzinstrumente, Scheinwerferreinigungsanlage, Servolenkung, und ... eine
2,3 L Maschine mit 136 PS!"
Ein müdes
Lächeln huschte über die Lippen des kleinen Jungen und mit einem wohlwollenden
Tonfall erklärte er dem Büttel, dass die aufgezählten Dinge in den goldfarbenen
Modellen zur Serienausstattung gereichten und er den Fahrzeugbrief besser
lesen solle, bevor er unkorrekte Angaben über Hubraum und Leistung mache.
Es war ein kleines Freudenfest, das Gesicht des Mannes - ob solch geballten
Wissens - in sich zusammenfallen zu sehen. Zugegeben, auch die seinigen Aussagen
trafen sicherlich nicht hundertprozentig zu, aber sie verfehlten ihre Wirkung
nicht, und das war die Hauptsache ...
Alsbald, nach einer eingehenden Probefahrt, wechselte das Gefährt nunmehr für ein kleines Scherflein den Eigentümer, um vorerst in der Garage seines Freundes hergerichtet zu werden. So kam der Sommer, und je mehr Zeit ins Land ging, desto weniger Teile fanden sich in, am und um das Coupé - es sollte, so seine Vorstellung, eine vernünftige Restauration und kein Schnellschuss, wie vieles andere, was er gesehen hatte, werden. |
Und
es kam die Zeit, dass es kalt wurde - (man lege
zur besseren Aufnahme des Sinnes eine kleine Lesepause von ca. 2 ½ Sekunden
ein) - kalt und grau - (eine weitere
Pause) - kalt, nass und grau -
(...) - kalt, nass, grau, ... kurz gesagt, es kam die Zeit, zu der es einfach keinen Sinn mehr machte, bei Minustemperaturen einen Schraubenschlüssel in die Hand nehmen zu wollen, weil eben dieser nach einer Weile, so man ihn mit klammen Fingern überhaupt zu fassen bekam, von selbigen nicht ohne größere Anstrengungen und Pein zu entfernen ward. |
1999
So gingen die Wochen ins Land und der kleine Junge alsbald auch in den
wohlverdienten Skiurlaub. Als es nun aber am Auto weitergehen sollte, wurde er unvermittelt durch einen längeren Krankenhausaufenthalt daran gehindert. Auch die anhängige Genesungs- und Regenerationsphase vereitelte weitere drei Monate seine Mitarbeit, so dass in dieser Phase alles an seinem Freund hängen blieb. |
Einerseits waren die Karosseriearbeiten an der Reihe, bei denen der kleine Junge, aufgrund seiner Unzulänglichkeiten hinsichtlich Schweißens und Flexens, im Grunde nur Handlangertätigkeiten ausüben hätte können, doch dankenswerterweise wurden diese von Kollegen aus dem Club übernommen. | Andererseits
war es aber auch die Zeit, in der man bei einer Restauration an jenem
Punkt angekommen ist, an dem man nur seeehr langsam Fortschritte wahrnimmt
und die Motivation, so sie es nicht schon ist, abhanden kommt. Und genau
das war das eigentliche Problem: Wenn es warm ist, womöglich auch noch die Sonne scheint und dann eventuell noch Freunde anrufen, die zu Schwimmgängen mit Eis oder anderen Leckereien einladen, so ist es schwer, sich aufzuraffen, um in einer engen, kleinen Garage an einem Auto zu schrauben, welches einem zu allem Überfluss noch nicht einmal selbst gehört (betrachtet man die Geschichte für diesen Augenblick aus der Sicht des Freundes!) |
Und so
kam es, wie es kommen musste:
Die Karosserie wurde nach und nach instand gesetzt und das Vehikel - es zu
diesem Zeitpunkt ein Auto zu nennen, ist eigentlich, gelinde gesagt, sehr
geschmeichelt - kam in die Obhut des Lackierers, so dass es fertig lackiert
und bereit, wieder zusammengesetzt zu werden, einen weiteren Winter in der
Garage stand.
Aber es sollte der letzte sein, das war allen beteiligten klar ...
2000
Eine magische
Zahl. Für viele der Grund, mit dem Rauchen aufzuhören, das Trinken dranzugeben,
öfters mit der Großmutter zu telefonieren, abzunehmen, Schulden zu begleichen,
sich Flügel wachsen zu lassen, Präsident zu werden, zum Mond zu fliegen etc.
...
Solch hehre Ziele verfolgten die beiden nicht, lediglich "der grüne Haufen"
(O-Ton des Freundes) sollte nun endlich die seinigen Gefilden verlassen
- zusammengebaut und mit bestandener TÜV-Prüfung !!
Bis
dahin aber war es noch ein weiter Weg, da sie noch immer vor einer komplett
nackten Karosse standen. Doch schon nach wenigen Wochen war der Motor
nebst Getriebe & Einspritzanlage implementiert und die Kabelbäume, zumindest
grob, verlegt.
|
Nebenbei hatte der kleine Junge die Lederausstattung auf Vordermann gebracht, die Heckablage neu bespannt und sich Gedanken zu den diversen Umbauten, Änderungen, Neuerungen und anderen Wirrungen gemacht. So sollte alles, was im Original in Braun das Werk verlassen hatte, in mattes Schwarz umgewandelt werden, denn seine Lederausstattung war schwarz, ebenso der Teppich - allein der Anblick der braunen Gurte auf schwarzem Leder würgte ihn im Hals. |
Ebenso
komplex kann das Thema Kabelbäume sein: Auch wenn man vom "alten" und vom "neuen" Coupé das Buch "Die Reparaturanleitung" besitzt und demzufolge etwa 10 Stromlaufpläne vorhanden sind, so ist noch lange nicht gesagt, dass man jedwede Kabelverbindung in der richtigen Farbe in einem der Pläne wiederfindet. An dieser Stelle ist ein gewisses Verständnis von Elektrik Grundvoraussetzung, will man sich nicht nur auf Logik und Glück verlassen, denn leider ändern sich derartige Miseren auch dann nicht, wenn man die Entwickler verflucht - was der kleine Junge im übrigen reichlich und nach Herzenslust getan hat. |
Interessant
war auch die Problematik des Scheiben einsetzens. Die grünen sollten es sein, allein schon aus dem Anspruch heraus, dass sie schon ab Werk eingebaut waren und sie, als Nebeneffekt, zu einer ebenfalls grünen Außenlackierung noch viel besser passten, als die bronzefarbene Verglasung, die in seinem alten Coupé gesessen hatte. Aber Ach, als der große Moment kam, da drückte der kleine Junge zum falschen Zeitpunkt an der falschen Stelle - und mit einem leisen "KRRK" verließ die Frontscheibe die ansonsten heile Welt. |
Da hub er wieder ein Wehklagen an, dass es dieses Mal zum Metallermüden war - schimpfte mit sich wie ein Rohrspatz, wünschte sich selbst die Pest an den Hals und begab sich hernach, als er wieder zur Ruhe gekommen ward, auf die Suche nach einer weiteren Scheibe und wurde, wie es der Zufall oft so will, bei seinem Freund Alex G., seines Zeichens im bergischen Land beheimatet, fündig. |
Doch schließlich, Ende Oktober 2000, an einem warmen, sonnigen - na ja, warm war's tatsächlich - fuhren sie das komplettierte Werk zu besagtem Händler, auf dass dieser noch ein paar Feinheiten einstellen sollte, die Scheibe einsetzte und das Gefährt dem allwöchentlich anwesenden TÜV-Prüfer vorstellig machte. |
Dieser war jedoch, offensichtlich ob der Flut an Gutachten, ABE's und Fahrzeugbriefen
überfordert. Briefen??
Der kleine Junge hatte ihm - zwecks der Erläuterung der Herkunft des Motors
- zum einen den Brief des seinerzeit geschlachteten, den des alten und den
des jetzigen Coupés anheim gegeben, also insgesamt derer drei - jedenfalls
war der Halbgott in blau mehr als irritiert und nahm sich mit den Worten "Ich
schau' mir das Ganze zu Hause mal in Ruhe an" zunächst einen Kaffee, dann
eine Auszeit.
Am nächsten Tag jedoch, wider aller Erwartungen, bekam das Auto Brief und
Siegel - und ein Kennzeichen, welches dem "i" das Tüpfelchen aufsetzen sollte.
Sie fragen sich "Was kann denn DA noch kommen?" Nun, es handelt sich schließlich
um ein 83er Coupé GT, was liegt da näher als ... aber schauen Sie einfach
beim nächsten Treffen vorbei ...